Tierschutz-Kirchen-Ranking

Wie stark sind die einzelnen Bistümer und Landeskirchen der katholischen und der evangelischen Kirche in die Massentierhaltung involviert? Welche Beschaffungskriterien für Tierprodukte und pflanzliche Alternativen haben sie sich für ihre zigtausend Kirchengemeinden und Einrichtungen gegeben? Wir geben Antworten.

Das Tierschutz-Kirchen-Ranking basiert auf den folgenden qualitativen Einzelbeurteilungen der Bistümer und Landeskirchen entsprechend unseren Erläuterungen zum Bewertungssystem. Die insgesamt 27 Bistümer und 20 Landeskirchen werden von uns sukzessive ergänzt.

Einzelbeurteilungen
der Bistümer und Landeskirchen

Die ausführlichen Auswertungen und Ergebnisse zur Erzdiözese Freiburg, zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland – Nordkirche, zum Bistum Speyer und zur Landeskirche in Württemberg zeigen bereits gravierende Unterschiede auf. Mit unseren Grafiken haben wir dies visualisiert. Weiter unten sind die Ergebnisse kurz zusammengefasst.

»Hinsichtlich einer Regelung von Mindeststandards für die Beschaffung von Tierprodukten bei den Landeskirchen und Bistümern liegen die evangelische und die katholische Kirche offenbar hinter Aldi und Lidl.«

Carsten Halmanseder | Will-Kirche-Tierschutz.de

Bistümer und Landeskirchen
zwischen Massentierhaltung und Tierschutz

Führen wir uns vor Augen, dass die großen Player des Lebensmitteleinzelhandels wie Aldi, Lidl, Rewe etc. weitgehend beschlossen haben, die Haltungsformen 1 und 2 bis 2030 aus ihrem Sortiment auszuschließen, während viele Bistümer und Landeskirchen bislang keinerlei verbindliche Regelungen oder starke Leitlinien mit klaren Zielen hinsichtlich Mindeststandards für die Beschaffung von Tierprodukten haben.

Mit unserem Tierschutz-Kirchen-Ranking wollen wir deutlich machen, wo die einzelnen Landeskirchen und Bistümer stehen, wenn es um die Verwendung von Tierprodukten aus schlimmster Massentierhaltung geht, sowie auch Engagement und positive Entwicklungen aufzeigen.

Evangelische Landeskirche in Württemberg (ELK-Wü)

Die Evangelische Landeskirche in Württemberg (ELK-Wü) schneidet unter unseren bisher vier Auswertungen am schlechtesten ab. Auf der Ebene von Verordnungen bzw. starken Leitlinien hat die Landeskirche in den Kategorien Verwaltung, Gemeinden, Einrichtungen, Jugendorganisationen und Landverpachtung jeweils das schlechteste Label für schlimmste Massentierhaltung »rot H1 | H2 | H3« erhalten. Hintergrund ist auch, dass die Landeskirche in Württemberg es sogar explizit ablehnt, Christ*innen sowie kirchliche Gemeinden und Einrichtungen dazu zu ermutigen, »den Fleisch- und Fischkonsum einzuschränken und auf den Verzehr von Fleisch aus Massenproduktion zu verzichten.« Dies wird aus dem Beschluss der Landessynode von 2018 zum Antrag Nr. 49/16: »Klimagerechtigkeit und Massentierhaltung« deutlich, den die Landeskirche laut unserer Rücksprache auch noch heute so vertritt. Begründet wird dies u. a. damit, dass die Landwirtschaft nicht in Misskredit gebracht werden soll sowie eine Bevormundung bei der Essenswahl kritisch gesehen wird. Angesichts dessen wirken Initiativen und Programme der ELK-Wü zur Nachhaltigkeit, die an der einen oder anderen Stelle die Reduktion von Tierprodukten empfehlen und zu einer ökologischen Beschaffung aufrufen, wie Placebos für engagierte Kirchenmitglieder, wenn die eigene Landessynode zu Tierprodukten aus schlimmster Massentierhaltung steht. Die Evangelische Landeskirche in Württemberg ignoriert mit ihrem rückständigen Verhalten zudem die Linie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die in ihrer Klimaschutzrichtlinie, § 6 Beschaffung, vom September 2022 aufruft: »In kirchlichen Einrichtungen und Kantinen sollen ökologische, nachhaltig hergestellte, faire, regionale, saisonale und das Tierwohl angemessen berücksichtigende Lebensmittel sowie fleischreduzierte Mahlzeiten angeboten werden.« Zur vollständigen Auswertung …

Erzdiözese Freiburg

Die Erzdiözese Freiburg zeigt mit ihren verschiedenen Klimaschutz-Projekten deutliche Ambitionen, die sich auch auf den Tierschutz auswirken. Allerdings steht die seit 2022 angekündigte »Ordnung zur nachhaltigen Beschaffung« noch immer aus, sodass unsere Bewertung der bestehenden Verordnungen und Richtlinien leider schlechter ausfällt, als wir das Engagement der Erzdiözese darüber hinaus wahrnehmen. Trotzdem setzt sich die Erzdiözese Freiburg bislang an die Spitze unserer Auswertungen. Nicht zuletzt dank der klaren Positionen ihrer Jugendverbände. Dass der BDKJ Jugendverband der Erzdiözese Freiburg bereits 2023 entschieden hat, alle seine Veranstaltungen komplett vegan auszurichten, ist »Outstanding«. Ebenso, dass die Erzdiözese beschlossen hat, bis zum Jahr 2030 Klimaneutralität zu erreichen. Beides spiegelt sich entsprechend positiv in unseren Label-Bewertungen wider. Mit der Regio-Studie unterstreicht die Erzdiözese ebenso ihren Anspruch, die Essensversorgung in ihren Einrichtungen nachhaltiger auszurichten: Die in den Jahren 2022 bis 2024 anhand von vier ausgewählten Bildungs- und Gästehäusern der Erzdiözese durchgeführte Studie nennt als wichtigsten Ansatz aus ökologischer Sicht die Reduktion von Tierprodukten, gefolgt von biologisch und regional erzeugten Lebensmitteln und den dafür notwendigen Rahmenbedingungen. In der vom Erzbistum mitorganisierten Vortragsreihe »Es geht um die Wurst« vom Herbst 2024 wird ebenfalls die Notwendigkeit thematisiert, den Konsum von Tierprodukten zu reduzieren. Zur vollständigen Auswertung …

Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland – Nordkirche

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland – Nordkirche setzt mit ihrer Beschaffungsverwaltungsvorschrift (BeschVwV) dagegen einen wichtigen Impuls. Diese regelt für die Verwaltungsebene eine ökologisch zertifizierte Beschaffung für Tierprodukte bzw. MSC für Fisch. Allerdings erstreckt sich der Geltungsbereich nicht auf die Gemeinden und Einrichtungen. Das Programm »ÖkoFaire Gemeinde«/»ÖkoFaire Einrichtung« der Nordkirche ist dabei symptomatisch, da es mit keinerlei verpflichtenden Tierschutzstandards für Gemeinden und Einrichtungen verbunden ist, ja sogar durch den Titel ggf. missverständlich suggeriert wird, als »ökofair« ausgezeichnete Gemeinden würden einer ökologischen Beschaffung auch hinsichtlich Tierprodukten unterliegen. Hervorzuheben ist der Anspruch der Nordkirche, Tierprodukte aus Klimaschutzgründen stark zu reduzieren. So bietet eine Vielzahl der Kitas der Nordkirche eine (rein) vegetarische und vegane Essensversorgung an. Dies hat uns dazu veranlasst, hier zusätzlich das Tierschutz-Kirchen-Label »gelb Vegetarisch« zu vergeben. Laut »Klimaschutzplan der Nordkirche 2022 – 27« wird angestrebt, im Bereich Verpflegung die Treibhausgas-Emissionen von Kitas bis Ende 2027 um 80 % zu reduzieren. Zur vollständigen Auswertung …

Bistum Speyer

Das Bistum Speyer empfiehlt zwar an der einen oder anderen Stelle deutlich, nachhaltig und ökologisch einzukaufen – verbindliche Aussagen zur Reduktion von Tierprodukten oder zum Ausbau eines vegetarischen/veganen Angebots konnten wir jedoch nur bei den Jugendorganisationen des Bistums finden. Diese lassen ihren Ansprüchen Taten folgen. Die Junge Kirche Speyer hat 2023 verkündet, auf diözesanen Veranstaltungen vegetarisch zu essen, und der Bund der Deutschen Katholischen Jugend Speyer hat bereits 2022 für seine Veranstaltungen beschlossen: »Wir verzichten auf Fisch- und Fleischprodukte.« Beide begründen dies mit ihrer Vorbildfunktion für junge Menschen, die eigenen Taten nachhaltiger zu gestalten. Für dieses Engagement bekommen die Jugendverbände unser Tierschutz-Kirchen-Label »gelb Vegetarisch«
Was wir beim Bistum Speyer pragmatisch vermissen, bringt die Veranstaltung »Herausforderung Klimawandel – wie können wir uns ändern?« vom März 2020 recht gut auf den Punkt, an dem das Referat Globales Lernen im Bistum Speyer beteiligt war. Dort ruft Dr. Michael Kopatz zu den notwendigen systemischen Veränderungen auf und verweist darauf, dass Strukturen Verhalten ändern. Wörtlich: »Ein Weg zu artgerechter Tierhaltung wäre es dann, Stück für Stück Mindeststandards anzuheben.« Die Diskrepanz zwischen Reden und Handeln wird auch bei den Klimazielen deutlich. Hier scheint sich das Bistum lediglich auf das gesetzliche Ziel von 2045 für die Klimaneutralität festzulegen. Positiv möchten wir die Projekte »Schöpfungsfreundliche Kita« und »Mahlze!t LU« hervorheben, die wir in unserer Auswertung näher erläutern. Zur vollständigen Auswertung …

Landverpachtung

Weder die Nordkirche noch das Bistum Speyer oder die Landeskirche in Württemberg setzen bei der Landverpachtung Akzente für den Tierschutz. Das Erzbistum Freiburg verweist zumindest darauf, dass bei der Vergabe »Ökologischer Anbau vor konventionellem Anbau« und »Artgerechte Tierhaltung vor konventioneller Tierhaltung« berücksichtigt werden sollen, sofern vergleichbare Angebote vorliegen. Ein deutliches Bekenntnis gegen Massentierhaltung bei der Landverpachtung fehlt leider bei allen vieren.

Dass es auch anders geht, zeigt die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens. Diese hat bereits 2014 auf ihrer Landessynode eine Empfehlung für Gemeinden beschlossen, »kein Kirchenland für sogenannte industrielle Massentierhaltung zur Verfügung zu stellen«, und dies mit »ethisch nicht tolerierbaren Missständen in Aufzucht und Haltung der Tiere« begründet. Auch die Evangelische Kirche Mitteldeutschland hat 2017 ihre Verordnung zur Verpachtung kircheneigener Landwirtschaftsflächen angepasst, die als Ausschlusskriterium vorsieht: »Im Betrieb darf wegen der Belastungen für die Umwelt, die Bevölkerung und der Sorge um das Tierwohl keine Massentierhaltung stattfinden«, und nach der zudem gilt: »Betriebe, in denen systematisch geschlechtsbezogen Tiere (u. a. Küken) getötet werden, können nicht berücksichtigt werden.«

Sorgen wir gemeinsam dafür, das sich das ändert:

Massentierhaltung raus aus kirchlichen Einrichtungen – vegane Alternativen rein.

All den engagierten Menschen, Gemeinden und Einrichtungen, die sich für den Tierschutz in der evangelischen und der katholischen Kirche sowie darüber hinaus einsetzen, möchten wir an dieser Stelle ausdrücklich danken. Wir bitten sie, unsere Kampagne als notwendigen Pieks von außen zu verstehen.

Wir freuen uns zudem über wichtige Hinweise oder Ergänzungen, die zur weiteren Verbesserung unserer Auswertungen beitragen. Schreibt uns in diesem Fall gerne eine E-Mail an kontakt@will-kirche-tierschutz.de.

Sorgen wir gemeinsam für Verbesserungen des Tierschutzes in der Kirche!

Grafik der vier Tierschutz-Kirchen-Label gruen-rot-grange-gelb - quadratisch angeordnet