Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland – Nordkirche
So schneidet die Nordkirche im Tierschutz ab.
Zusammenfassung
Die Nordkirche steht exemplarisch für den Widerspruch zwischen dem eigenen Anspruch einer ökologisch zertifizierten Beschaffung für Tierprodukte bzw. MSC für Fisch sowie Tierprodukte zumindest aus Klimaschutzgründen deutlich reduzieren zu wollen, und der Realität der täglichen Massentierhaltung auf den Tellern in den allermeisten ihrer Gemeinden und Einrichtungen.
Wir betrachten es als wichtigen Impuls, dass die Beschaffungsverwaltungsvorschrift (BeschVwV) der Nordkirche eine ökologisch zertifizierte Beschaffung auf Verwaltungsebene regelt, und kritisieren umso deutlicher die fehlenden Bemühungen bei der Durch- und Umsetzung entsprechender Regelungen in den Gemeinden und Einrichtungen der Nordkirche. Das Programm »ÖkoFaire Gemeinde«/»ÖkoFaire Einrichtung« der Nordkirche ist dabei symptomatisch, da es mit keinerlei verpflichtenden Tierschutzstandards verbunden ist, ja sogar durch den Titel ggf. missverständlich suggeriert wird, als »ökofair« ausgezeichnete Gemeinden würden einer ökologischen Beschaffung auch hinsichtlich Tierprodukten unterliegen. Auch nehmen aktuell nur etwa 40 von 995 Gemeinden der Landeskirche überhaupt an dem seit 2017 bestehenden Programm teil.
Hervorzuheben ist der Anspruch der Nordkirche, Tierprodukte aus Klimaschutzgründen stark zu reduzieren. So bietet eine Vielzahl der Kitas der Nordkirche eine (rein) vegetarische und vegane Essensversorgung an. Dies hat uns dazu veranlasst, hier zusätzlich das Vegetarische Tierschutz-Kirchen-Label zu vergeben. Laut Klimaschutzplan der Nordkirche 2022-27 wird angestrebt, im Bereich Verpflegung die Treibhausgas-Emissionen von Kitas bis Ende 2027 um 80 % zu reduzieren. Das Integrierte Klimaschutzkonzept 2012 der Nordkirche verweist sogar in Bezug auf die mit dem Fleischkonsum in Verbindung stehenden Emissionen auf notwendige Ziele zur Reduktion des Fleischkonsums bzw. eine vollständige Umstellung auf eine rein vegetarische/vegane Verpflegung in kirchlichen Einrichtungen – mit klaren zeitlichen Zielen bis 2030 – und hält die Umsetzung auch zeitlich für die Nordkirche für möglich. In diesem Zusammenhang wird jedoch auf die teilweise mangelnde Sensibilisierung der Akteur*innen vor Ort sowie dezentrale Beschaffungsstrukturen und das Subsidiaritätsprinzip der Kirche hingewiesen, die ein gemeinsames Handeln erschweren. Infolgedessen scheint die Nordkirche diese ambitionierten Ziele nicht übernommen zu haben. Noch ist davon auszugehen, dass fast alle Einrichtungen Tierprodukte aus Massentierhaltung verwenden.
Bei der Landverpachtung gibt es bei der Nordkirche gemäß ihrer Grundvermögensverwaltungsvorschrift (GrVermVwV) und ihres Musterpachtvertrags keine besonderen Regelungen zum Tierschutz. Lediglich Klärschlämme, Gärprodukte und Gentechnik gelten als Ausschlusskriterien. Der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt (KDA) der Nordkirche betreibt das »Infoportal Kirchenland« und kritisiert öffentlich ein unzureichendes Vorgehen der Nordkirche bei den Vorgaben zur Verpachtung, da diese deutlich hinter den eigenen formulierten Ansprüchen zurückbleiben. Dass es auch anders geht, zeigt zum Beispiel die Regelung der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens. Diese hat bereits 2014 auf ihrer Landessynode eine Empfehlung für Gemeinden beschlossen, »kein Kirchenland für sogenannte industrielle Massentierhaltung zur Verfügung zu stellen«, und dies mit »ethisch nicht tolerierbaren Missständen in Aufzucht und Haltung der Tiere« begründet. Auch die Evangelische Kirche Mitteldeutschland hat 2017 ihre Verordnung zur Verpachtung kircheneigener Landwirtschaftsflächen angepasst, die als Ausschlusskriterium vorsieht: »Im Betrieb darf wegen der Belastungen für die Umwelt, die Bevölkerung und der Sorge um das Tierwohl keine Massentierhaltung stattfinden«, und nach der zudem gilt: »Betriebe, in denen systematisch geschlechtsbezogen Tiere (u. a. Küken) getötet werden, können nicht berücksichtigt werden.«
Zudem kritisieren wir, dass die Nordkirche über keinen Tierschutzbeauftragten oder ein entsprechendes Ressort verfügt bzw. nicht zumindest eine Rubrik zum Thema Tierschutz auf ihrer Website führt. Damit wird die Nordkirche weder ihrer Verantwortung noch ihrem Einfluss bezüglich der Verbesserung des Tierschutzes gerecht.
Will-Kirche-Tierschutz.de fordert die Nordkirche auf, zumindest die eigene Beschaffungsverordnung gegenüber ihren Gemeinden und Einrichtungen zeitnah durchzusetzen sowie einen Tierschutzbeauftragten einzusetzen und – nicht nur aus Klimaschutzgründen – das Angebot von Tierprodukten im Sinne des Tier- und Klimaschutzes so schnell wie möglich einzuschränken und konsequent vegane Alternativen anzubieten.
Rechercheergebnisse zur Nordkirche
Hinweis: Zitate sind »kursiv« gekennzeichnet. Erläuterungen dazu in »gerader« Schrift.
1 Beschaffungskriterien für Tierprodukte und Geltungsbereich
1.1 Hat die Nordkirche konkrete Beschaffungskriterien für Lebensmittel, beispielsweise in Form einer Beschaffungsverordnung oder Leitlinie oder etwas Vergleichbarem, und was ist darin hinsichtlich der Kriterien für Tierprodukte geregelt? Wie verbindlich sind etwaige Regelungen der Nordkirche für die Landeskirche selbst und die ihr unterstellten Gemeinden und Einrichtungen bzw. welchen Geltungsbereich haben diese Regelungen?
Die im Jan. 2022 in Kraft getretene Beschaffungsverwaltungsvorschrift (BeschVwV) der Nordkirche sieht in Zusammenhang mit ihrem Klimaschutzgesetz (KlSchG) 2015, dem Handbuch Klimaschutz 2022 – 2027 und dem Klimaschutzplan 2022 – 2027 für die Lebensmittelbeschaffung Bio-Zertifikate bzw. bei Fisch MSC vor. Allerdings gilt die BeschVwV nicht für die Auftragsverwaltung der Kirchenkreise, entsprechend gehen wir davon aus, dass die Vorschrift bezüglich der Lebensmittelbeschaffung nur für die Landeskirche selbst und nicht für ihre eigenständigen Gliedkirchen, Gemeinden und Einrichtungen gilt, was wir noch genauer klären. Auf ihren Webseiten, wie dem Beschaffungsportal in der Nordkirche sowie Klimaschutz in der Nordkirche und den Themenseiten Klimaschutz: Hintergrund und Initiativen sowie dem Klimaschutzbericht 2020 und dem Integrierten Klimaschutzkonzept 2012, finden sich ebenfalls Hinweise auf die Kriterien für die Beschaffung von Lebensmitteln bzw. Tierprodukten.
Dazu Auszüge aus den einzelnen Quellen, auf die wir uns berufen:
- 2.4 Umwelt- und Sozialkriterien 1) Für die Beschaffung von Produkten oder Leistungen sind die Umweltkriterien und Sozialkriterien des Klimaschutzgesetzes einzuhalten.
- 5.3.2 Umwelt- und Sozialkriterien (Vereinfachtes Verfahren bis zu einem Auftragsvolumen von1.000 Euro)
- 1) Umwelt- und Sozialkriterien sind mindestens gleichrangig neben wirtschaftlichen Kriterien zu berücksichtigen. 2) Sie gelten als berücksichtigt, wenn für das Produkt oder die Leistung eines der in der Anlage 1 genannten Siegel vergeben wurde.
- 6.5.2 Umwelt- und Sozialkriterien (Auftragsvolumen von über 1.000 Euro)
- 1) In der Anlage 1 sind für einzelne Produktgruppen und Dienstleistungen Siegel genannt, die in aller Regel eine Vielzahl von Umwelt- und Sozialkriterien als erfüllt kennzeichnen. 2) Daher reicht es grundsätzlich aus, dass ein Produkt oder eine Leistung mit einem der Siegel ausgezeichnet ist. 4) Beispiele für diese Kriterien können für verschiedene Produktgruppen aus dem unter www.beschaffungsportal.nordkirche.de abgebildeten Musterkatalog ausgewählt werden. 5) In der Anlage 1 sind in Einzelfällen auch andere Arten der Zertifizierung als ein Siegel aufgeführt, die im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift den vergebenen Siegeln gleichgestellt sind (s. Fußnoten Anlage 1).
- 1 Anwendungsbereich
- 3) Nicht unter die Bestimmungen fallen Verträge, die zum Gegenstand haben: … Auftragsverwaltung der Kirchenkreise (nach § 3 des Kirchenkreisverwaltungsgesetzes vom 15. November 2016 (KABl. S. 399) in der jeweils geltenden Fassung).
- Entsprechend dürfte die Vorschrift bezüglich der Lebensmittelbeschaffung nur für die Landeskirche selbst und nicht für ihre eigenständigen Gliedkirchen, Gemeinden und Einrichtungen gelten. Zur Klärung versuchen wir eine Stellungnahme der Nordkirche zu erhalten.
- Anlage 1 zur BeschVwV – Empfehlenswerte Siegel (und Zertifizierungen) für die Beschaffung
- Auszug Screenshot BeschVwV Anlage 1 Seite 2
- Anlage 3a Hinweise zur Anwendung des Bewertungsbogens (zu Nummer 6.1 und 6.6 BeschVwV)
- Auswahl von weiteren Kriterien … Die Berücksichtigung von Umwelt- und Sozialkriterien kann in der Regel am einfachsten über die Auswahl eines Siegels nach Anlage 1 abgedeckt werden.
- Ausschlusskriterien … Die Berücksichtigung von Umwelt- und Sozialkriterien kann in der Regel am einfachsten über die Auswahl eines Siegels nach Anlage 1 abgedeckt werden.
Klimaschutzgesetz (KlSchG) 2015 der Nordkirche
- §3.1 Die Landessynode beschließt einen Klimaschutzplan, der die wesentlichen Zwischenziele, Strategien und Vorschläge für Maßnahmen zur Erreichung des Klimaschutzziels nach § 2 benennt.
- §6.5.5 Entwicklung und Durchführung von Maßnahmen mit dem Ziel, im Bereich Beschaffung die CO 2 -Emissionen unter Berücksichtigung von Ressourcenverbrauch sowie ökologischer und sozialer Kriterien zu reduzieren (Beschaffungsmanagement);
- §7.5.7. Aufgaben der Landeskirche – Entwicklung und Durchführung von Maßnahmen mit dem Ziel, im Bereich Beschaffung auf der landeskirchlichen Ebene die CO 2 -Emissionen unter Berücksichtigung von Ressourcenverbrauch sowie ökologischer und sozialer Kriterien zu reduzieren (Beschaffungsmanagement).
– §8.3 Anpassung des kirchlichen Rechts – Regelungen zum Beschaffungswesen der Nordkirche berücksichtigen insbesondere energieeffiziente und langlebige Geräte, Produkte aus recycelten und Ressourcen schonenden Rohstoffen, die Einhaltung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation in der jeweils geltenden Fassung und in Bezug auf Lebensmittel ihre regionale, saisonale, biologische und klimaschonende Herkunft.
- Der Beschluss der Landessynode zum Klimaschutzplan wurde am 2. Mai 2022 von der Präses unterzeichnet.
Nachfolgend Auszüge: - A Grundsätze:
- Im Verhältnis zur Laufzeit des ersten Klimaschutzplans hat sich die Dringlichkeit, in der Frage des Klimaschutzes entschiedener weiterzukommen, erheblich verstärkt.
- Es wird daher hier vorgeschlagen, den Zielpunkt zur Erreichung der Treibhausgas-Neutralität in § 2 KlSchG auf das Jahr 2035 vorzuziehen. Damit stellt sich die Nordkirche in den Kontext des Orientierungsrahmens, den die Synode der EKD im November 2021 beschlossen hat.
- C Organisation des nordkirchlichen Klimaschutzes I Klimaausschuss der Kirchenleitung
- Die verpflichtende Teilnahme aller Kirchenkreise sowie des Landeskirchenamts an diesem Ausschuss soll gewährleistet sein. Eine hier abzustimmende „Kooperationsvereinbarung Klimaschutz Nordkirche“ soll zukünftig die vertragliche Grundlage für das nordkirchliche Klimaschutzhandeln bilden.
- D Felder der Transformation III Beschaffung / Umgang mit Kirchenland
- Als Handlungsfelder mit dem größten Wirkungsgrad auf dem Weg zu einer Treibhausgas-reduzierten Beschaffung schlägt der Klimaschutzplan die Bereiche Kindertagesstätten und die Verpachtung kirchlicher Ländereien vor.
- 1. Kita-Verpflegung
Treibhausgas-reduzierte Beschaffung im Bereich der Kindertagesstätten kann die Treibhausgas-Bilanz der Nordkirche deutlich reduzieren.
Die Kita-Verpflegung ist laut integriertem Klimaschutzkonzept der Nordkirche der wesentliche Emissionsbereich im Rahmen der Beschaffung, ursächlich dafür ist ihre tägliche Herstellung und ihr Vertrieb.
Das Umwelt und Klimaschutzbüro wird gebeten, in Kooperation mit den Kita-Verbänden im Bereich der Nordkirche möglichst kostenneutrale Vorschläge für eine Reduzierung der mit diesem Bereich verbundenen Emissionen um 80 Prozent bis zum Jahr 2027 zu entwickeln. - 2. Verpachtung kirchlicher Ländereien
Bei der Verpachtung kirchlicher Ländereien muss in Zukunft der Klimaschutzaspekt eine starke Rolle spielen. Deshalb sollen Kriterien abgestimmt werden, die für eine Treibhausgas-reduzierte Bewirtschaftung Anreize geben.
Ein zentraler Faktor ist dabei die Wiedervernässung von Mooren. Die für die landwirtschaftliche Nutzung in den letzten 150 Jahren trockengelegten Moorböden emittieren erhebliche Mengen von Treibhausgasen. … Dabei soll im Einklang mit dem Ziel „Klimaneutralität 2045“ eine weitgehende Wiedervernässung der derzeit trocken genutzten landwirtschaftlichen Flächen erreicht werden. Für den Nutzungsausfall müssen die entsprechenden Mittel bereitgestellt werden.
Hier fehlen leider jegliche Hinweise zum Tierschutz und zu den katastrophalen Folgen durch die sogenannte Nutztierhaltung für die Umwelt.
- 3. Öko-soziale Beschaffung
Im Handlungsfeld Beschaffung finden sich weitere Einsparpotentiale. Treibhausgas-reduziert produzierte Produkte bzw. Dienstleistungen müssen zunehmend Vorrang bekommen. Unterstützung bieten:- die Aktion ÖkoFaire Gemeinde / Einrichtung,
- die Beschaffungsverwaltungsvorschrift (BeschVwV) vom 01.01.2022 mit anwendungsfreundlichen Hilfestellungen
- der Marktplatz kirchenshop.de, der bisher von der Handelsgesellschaft für Kirche und Diakonie mbH betrieben und einer nordkirchlichen Steuerungsgruppe begleitet wird. Ab dem 01.01.2022 wird er von weiteren sechs Landeskirchen und Bistümern genutzt. Er soll in den nächsten Jahren an Marktdurchdringung gewinnen.
- D Felder der Transformation IV Bildung und Kommunikation
- 2. Was wollen wir erreichen?
… dass klimaschonende, ökofaire Lösungsansätze allgemein akzeptiert sind und alle Handelnden wissen, wie diese umgesetzt werden können;
- 2. Was wollen wir erreichen?
- E Schlussbemerkung: Jetzt die entscheidenden Schritte gehen
Die Dramatik des Klimawandels erfordert auch Veränderungen des kirchlichen Lebens. Die Zeit ist gekommen, sich dieser Verantwortung gleichermaßen mit Entschiedenheit und dem nötigen Pragmatismus zu stellen.
Handbuch Klimaschutz 2022 – 2027
- Der Klimaschutzplan 2022 – 2027 wird von der Landessynode beschlossen. Er enthält verbindliche Ziele. Diese zu erreichen ist die gemeinsame Verpflichtung aller Kirchengemeinden, Kirchenkreise und landeskirchlichen Einrichtungen.
Dieses Handbuch enthält dazu konkrete Vorschläge für Maßnahmen. Es wurde von einem Klimaausschuss der Kirchenleitung zusammen mit vielen Fachleuten erarbeitet. Dabei handelt es sich aber nicht um (rechts-)verbindlichen Vorgaben. Die Auswahl und Umsetzung der Maßnahmen liegt vielmehr in der Verantwortung der kirchlichen Körperschaften. Hier kommt dem Klimaausschuss der Kirchenleitung eine zentrale Rolle zu. Dort sollen zwischen den Kirchenkreisen und der Landeskirche übergreifend verbindliche Maßnahmen verabredet werden. Dabei sind die vorgeschlagenen Maßnahmen in den Bereichen Gebäude, Mobilität und Beschaffung leitend. - 3 Beschaffung
- A Aktion ÖkoFaire Gemeinde/Einrichtung:
– Ziel bis 2027: 250 weitere Gemeinden und 25% der Einrichtungen nehmen teil.
– Ziel bis 2023: A.1 Schaffung zusätzlicher Ressourcen durch eine 100% Koordinierungs und Kommunikationsstelle ÖkoFaire Gemeinde
– Ziel ab 2022: A.2 Verankerung des Themas öko-soziale Beschaffung und Beratung der Gemeinden und Einrichtungen in den Kirchenkreisen
- A Aktion ÖkoFaire Gemeinde/Einrichtung:
- Die Auszeichnungen ÖkoFaire Gemeinde und ÖkoFaire Einrichtung möchten kirchliche Gemeinden sowie kirchliche und diakonische Einrichtungen ermutigen, ihren Einkauf fair, sozial, ökologisch und nachhaltig auszurichten. Initiiert wurde diese gemeinsame Projekt von den Diakonischen Werken in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein, den Ev -Luth Kirchenkreisen Altholstein, Hamburg-West/ Südholstein und Mecklenburg, dem Zentrum für Mission und Ökumene und dem Umwelt- und Klimaschutzbüro der Nordkirche (AG Zukunftsfähiges Wirtschaften).web
Die Aktion ist niederschwellig und prozessorientiert. Sie wird so gut angekommen, dass eine eigene Koordinierungs- und Kommunikationsstelle notwendig geworden ist. Für diese Aktion beantragen die Initiatoren beim Kirchlichen Entwicklungsdienst eine Projektstelle.
Der Klimaschutzplan sieht zudem bis 2027 vor, dass am Projekt Ökofair 250 weitere Gemeinden und 25 % der Einrichtungen teilnehmen sollen.
Laut Web-Artikel Dossier Klimawandel, Unterpunkt Ökofaire Gemeinden und Einrichtungen, (Abruf 23.11.2024) haben sich mehr als 40 Gemeinden der Nordkirche auf den Weg zu einer »Ökofairen Gemeinde« gemacht, 15 sind bereits zertifiziert. Hinzu kommen 15 Einrichtungen, von denen sieben bereits ausgezeichnet sind. Wohlgemerkt von ca. 920 Kirchengemeinden.
- B Marktplatz kirchenshop.de – jährliche Steigerung des Prozentsatzes der gekauften mit dem Nordkirchensignet ausgezeichneten Produkte auf 50% in 2023, 70% in 2025, 90% in 2027
In der revidierten Fassung der Beschaffungsverwaltungsvorschrift, die zum 01.01.2022 in Kraft getreten ist, wird der Marktplatz kirchenshop.de empfohlen, um auf einfachem Weg nachhaltig zu beschaffen. Zu diesem Zeitpunkt werden weitere sechs Landeskirchen und Bistümer ihre Beschaffung ebenfalls über den Marktplatz abwickeln. Er wurde 2018 von Vertreter:innen der Kirchenkreise, der Diakonie, und dem Umwelt- und Klimaschutzbüro ins Leben gerufen. Sie und das Landeskirchenamt sind in der Steuerungsgruppe vertreten, die vom dem Zentrum für Mission und Ökumene für die ethischen Kriterien beraten wird. Eine Anschubfinanzierung erfolgte über den Finanzbeirat und Mittel des Kirchlichen Entwicklungsdienstes. Umgesetzt wird der Marktplatz von der Handelsgesellschaft für Kirche und Diakonie mit eigenen Mitteln.
Die Nordkirche pflegt eine Kooperation mit dem Kirchenshop.de, in dem ausgewählte Produkte, die die Beschaffungsvorgaben der Nordkirche erfüllen, mit einem Signet der Nordkirche versehen sind.
- C Kitas
– Ziel bis 2027: Alle Evangelischen Kitas im Bereich der Nordkirche haben bis Ende 2027 den Klimaschutz und die Klimagerechtigkeit in ihr Konzept aufgenommen und setzen entsprechende Maßnahmen um, die im Bereich Verpflegung die Treibhausgas-Emissionen um 80 % reduzieren.
– Ziel bis 2023: C.1 – Leitlinien mit den Kita-Verbänden in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern und Kita-Kirchenkreis-Werke entwickeln
Die tägliche Kita-Verpflegung ist laut dem integrierten Klimaschutzkonzept der Nordkirche mit Abstand der größte Emissionsbereich im Rahmen der Beschaffung. Treibhausgasreduzierte Beschaffung im Bereich der Kindertagesstätten kann die Treibhausgas-Bilanz der Nordkirche deutlich reduzieren. Das Umwelt- und Klimaschutzbüro wird beauftragt in Kooperation mit den Kita-Verbänden im Bereich der Nordkirche für die Verpflegung in Evangelischen Kitas Leitlinien zu erarbeiten, um die Reduzierung der Emissionen im Bereich Verpflegung um 80% bis Ende 2027 zu erreichen.
- D Treibhausgas-reduzierte Bewirtschaftung von Pachtland
Bis 2027 kein allgemeines Ziel formuliert. Ziele bis 2023 beziehen sich ausschließlich auf eine Moorschutzstrategie.
1.2 Wie sind die Positionen der Nordkirche zum Tierschutz und zur Nutzung von Tierprodukten anhand der fünf Haltungsform-Stufen von Haltungsform.de (https://haltungsform.de/kriterien-5stufig/) einzuordnen? Welche Stufen werden durch die Nordkirche empfohlen bzw. müssten demnach durch diese empfohlen werden und welche nicht?
Bislang konnten keine konkreten Stellungnahmen oder Positionen der Nordkirche zur Beachtung der Haltungsform-Stufen von Haltungsform.de ermittelt werden. Allerdings hat die Nordkirche, wie unter Position 1.1 dargestellt, in ihrer Beschaffungsverwaltungsvorschrift sowie ihren Ausführungen zum Klimaschutz eine ökologische Beschaffung bzw. eine Beschaffung für Lebensmittel an Hand von Bio-Siegeln vorgesehen. Daraus leiten wir ab, dass der Anspruch der Nordkirche in Bezug auf die Haltungsform-Stufen von Haltungsform.de mindestens 4 bzw. 5 Bio entspricht.
Negiert wird dies nach unserer Einschätzung durch den eingeschränkten Geltungsbereich entsprechender Regelungen der Nordkirche, die sich nach unserer Einschätzung nur auf die oberste Verwaltungsebene beziehen und offenbar nicht auf eigenständige Kirchengemeinden und Einrichtungen. Hier gilt dies nach unserer Einschätzung max. als Leitlinie.
Dies wird besonders dadurch deutlich, dass selbst die Auszeichnung als »ÖkoFaire Gemeinde« bzw. »ÖkoFaire Einrichtung« nicht zwingend eine Bio-Beschaffung vorsieht und auch keine anderen verpflichtenden Regelungen für die Beschaffung von Tierprodukten bzw. eines veganen Angebots enthält.
2017 wurde durch die Nordkirche eine Diskussionshilfe zur Tierhaltung am Beispiel der Situation in Mecklenburg-Vorpommern veröffentlicht, welche auf verschiedene Initiativen der ehemaligen Mecklenburgischen Landeskirche zurückgeht, die 2012 in die Gründung der Nordkirche aufging. Nachfolgend unser Fazit zu dem Diskussionspapier (ein ausführlicher Auszug mit Quellverweisen erfolgt in einem separaten Doc.):
Das Diskussionspapier reflektiert, an einem fiktiven Beispiel, die Auseinandersetzungen um den Ausbau von Mastanlagen in Mecklenburg-Vorpommern bezüglich Tier- und Umweltschutz. Theologisch wird die Frage streitig dargestellt, ob die Gewalt der Tierausbeutung lediglich zu begrenzen und einzudämmen oder zu überwinden und aufzuheben ist. Gewaltausübung und Konflikte stetig zu vermindern, wird von der Nordkirche als notwendig betrachtet. Allerdings unterstützt sie dabei die Forderung eines Framings* der Tierwirtschaft hinsichtlich der zu nutzenden Wortwahl und entsprechenden Zuschreibung, zukünftig möglichst von »›Tiergemäße Nutztierhaltung‹ statt ›Artgerechtigkeit‹« zu sprechen. Dies soll dazu dienen, die Haltungsanforderungen von Tieren zu relativieren. Argumentiert wird, dass Haltungsanforderungen für moderne Zuchtrassen nicht von ursprünglichen Ansprüchen ihrer Herkunftsrassen abgeleitet werden können. Vereinfacht: Bewegungsunfähig gezüchtete Tiere benötigen keinen Auslauf. Das Positionspapier beinhaltet eine Stellungnahme vom BUND, des Landjugendverbands Schleswig-Holstein, PROVIEH und des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern. Wobei nur PROVIEH sich gegen das Wording und die Intention »tiergemäß statt artgerecht« ausspricht. Konkrete Praktiken oder Verbesserungen werden kaum angesprochen, lediglich die allg. Forderung nach Tierschutzlabels zur Orientierung, ohne die Ansprüche daran zu formulieren. BUND und PROVIEH verweisen auf ökologische Standards, die Umwelt und Tierschutz zugutekommen. Beim Einsatz von Antibiotika relativiert die Nordkirche (anders als BUND und PROVIEH) vorliegende Studien, die auf Gefahren des Antibiotikaeinsatzes in der Tierwirtschaft hinweisen, auch wenn sie Gefahren von Resistenzen für den Menschen sieht.
(*Framing/Wording im Sinne der Praktiken der Agrarwirtschaft, die für diese besonders abträglichen Begriffe durch Greenwashing-Begriffe zu ersetzen, wie z. B. Schnabelkürzen durch Schnabelbehandlung, das Abschneiden von Schwänzen durch Kupieren, Massentötung von Tierbeständen durch Keulen etc. zu verharmlosen oder wie hier Qualzuchten zu verharmlosen.
2 Reduktion von Tierprodukten und veganes Angebot
2.1 Welche Aussagen gibt es in der Nordkirche zur Reduktion von Tierprodukten sowie zum Ausbau eines vegetarischen und/oder veganen Angebots, wie verbindlich sind diese für die Landeskirche selbst und die ihr unterstellten Gemeinden und Einrichtungen und wo ist dies ggf. geregelt?
Das Integrierte Klimaschutzkonzept 2012 der Nordkirche verweist in Bezug auf die mit dem Fleischkonsum in Verbindung stehenden Emissionen deutlich auf notwendige Ziele zur Reduktion des Fleischkonsums bzw. eine vollständige Umstellung auf eine rein vegetarische/vegane Verpflegung in kirchlichen Einrichtungen – mit klaren zeitlichen Zielen bis 2030 – und hält die Umsetzung auch zeitlich für die Nordkirche für möglich, siehe Quellen/Verweise unten. In diesem Zusammenhang wird jedoch auf die teilweise mangelnde Sensibilisierung der Akteur*innen vor Ort sowie dezentrale Beschaffungsstrukturen und das Subsidiaritätsprinzip der Kirche hingewiesen, die ein gemeinsames Handeln erschweren.
Der Klimaschutzplan der Nordkirche 2022-27 (siehe oben) drückt sich leider gegenüber dem Integrierten Klimaschutzkonzept 2012 nicht mehr so deutlich aus. Er sieht im Bereich Verpflegung vor, die Treibhausgas-Emissionen von Kitas bis Ende 2027 um 80 % zu reduzieren, siehe Zitate/Quellen weiter oben. Darüber hinaus werden jedoch keine genauen Ziele zur Reduktion des Fleischkonsums bzw. von Tierprodukten genannt.
In praktischer Hinsicht setzt die Nordkirche jedoch positive Akzente bzw. betreibt ein hervorzuhebendes Leuchtturmprojekt. Der Ev.-Luth. Kirchenkreis Hamburg-Ost hat bereits 2022 beschlossen, dass 83 Kitas in eigener Trägerschaft bis 2025 treibhausgasneutral werden sollen. In diesem Zuge wurde die Ernährung auf eine ovo-lakto-vegetarische Verpflegung mit einem möglichst hohen Anteil an regionalen, saisonalen und biozertifizierten Lebensmitteln umgestellt.
In ihrem Suffizienz-Handout fordert die Nordkirche dazu auf, dass die öffentliche Hand bei der Gemeinschaftsverpflegung den Qualitätsstandard der Deutschen Gesellschaft für Ernährung umsetzen sollte, und führt an, “dass es in Deutschland in Betrieben mit mehr als 100 Mitarbeiter:innen ca. 13.800 Betriebsgastronomien mit 1,6 Mrd. Essen pro Jahr gibt. Die Umstellung des Speiseplans auf überwiegend pflanzliche Lebensmittel könnte einen großen Beitrag zum Klimaschutz leisten.”
Integriertes Klimaschutzkonzept für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland 2012:
- 1.5.3 Beschaffung
… Aus Klimagesichtspunkten ist es im Rahmen der Beschaffung besonders wichtig, die ausgegebenen Mahlzeiten nachhaltig auszurichten (siehe Kapitel 8.1). Eine fleischlose, ökologische, saisonale und regionale Belieferung mit Lebensmitteln ist machbar und eröffnet zudem weitere Vorteile. Erfahrungen mit einer Umstellung von Mittagsmahlzeiten in Kindertagesstätten zeigen, dass dies kostenneutral möglich ist und von den Beteiligten gut angenommen wird. - 8.1 Mittagsmahlzeiten
Eine Untersuchung von Koerber und Kretschmer kommt zu dem Schluss, dass allein durch eine vollwertige Ernährung große Einsparungen zu erzielen sind. Bei einer rein onventionellen Ernährung mit viel Fleisch liegen die Emissionen bei ca. 863 kg CO₂ pro Person pro Jahr (alle Mahlzeiten). Bei einer biologischen Vollwerternährung ohne Fleisch werden gerade mal 336 kg CO₂ pro Person verursacht (Koerber, Kretschmer 2009, S.284). Die Einsparung liegt in diesem Extremfall bei ca. 60 %. Verglichen mit einer konventionellen Vollwerternährung mit wenig Fleisch sind immer noch ca. 40 % Einsparung möglich.
Im Rahmen dieser Untersuchung wird mittelfristig zunächst als wesentliche Maßnahme eine vollständige Umstellung der Mittagsmahlzeiten hin zu saisonaler, regionaler, ökologischer und fleischloser Zusammensetzung angenommen. Da nur bei 32% der befragten Kirchengemeinden Mahlzeiten in der Kirchengemeinde selbst zubereitet werden, müssen hierfür entsprechende Kriterien bei den Zulieferern eingefordert werden. Ehrenamtliche stellen gemäß der Befragung nur zu ca. 3,1% warme Mahlzeiten zur Verfügung – ein Großteil wird demnach zugeliefert.
… Bei der Umstellung sollte darauf geachtet werden, dass Fleisch nicht mehrheitlich durch Milchprodukte ersetzt wird, insbesondere Käse weist hier hohe Emissionsfaktoren aus.
Aufgrund der dezentralen Beschaffungspraxis der Kirche wird angenommen, dass die Umstellung dieser Maßnahme mittelfristig und stufenweise bis 2030 erfolgen kann. Bei den Mittagsmahlzeiten zeigen Beispiele einer Ernährungsumstellung von Kitas des Vereins Pädiko aus Kiel, dass eine konsequente Beachtung ökologischer, saisonaler und regionaler Lebensmittelbeschaffung durchaus möglich ist. Eine erfolgte fleischlose Umstellung der Ernährung wurde schrittweise in allen Kitas der Pädiko durchgeführt. Dezentrale Großhändler garantieren dabei eine saisonale, regionale und ökologische Belieferung.
… Es wird davon ausgegangen, dass spätestens ab dem Jahr 2030 in der Fläche zu vertretbaren Kosten transparente CO₂-neutrale Lebensmittel erhältlich sind. Es ist anzunehmen, dass gerade ökologische Produzenten zukünftig eine Vorreiterrolle in der Bereitstellung von CO₂-neutralen Angeboten einnehmen werden. Sofern die Nordkirche gezielt als gewichtiger Nachfrager von vorhandenen CO₂-armen und -neutralen Produkten im Lebensmittelbereich eintritt, erscheinen diese Senkungen langfristig als machbar und wahrscheinlich. Dies gilt umso mehr, sofern die Nordkirche bis zum Jahr 2030 bereits auf eine ökologische, vegetarische, fleischlose Ernährung umgestellt hat. Wichtig hierfür ist, die Transparenz über Umweltauswirkungen von Lebensmitteln auch aktiv einzufordern sowie langfristig eine führende Rolle in der Nachfrage von bestehenden CO₂-neutralen und armen Angeboten einzunehmen. Der zeitliche Verlauf der angenommenen spezifischen Emissionsreduzierungen je Mahlzeit ist in Abbildung 8-4 dargestellt. Zusammengefasst können damit spezifisch 85% der Emissionen einer Mittagsmahlzeit eingespart werden. - 8.9 Umsetzung der Maßnahmen
… Die primäre Beachtung von Anschaffungskosten in den Kirchen, mangelnde Sensibilisierung der Akteure vor Ort und dezentrale Beschaffungsstrukturen erschweren bisher eine Umstellung hin zu nachhaltiger Beschaffung. Gemeinsame Beschaffungen bei der HKD scheitern Erfahrungen zufolge teilweise am Subsidiaritätsprinzip der Kirche sowie lokalem Engagement und persönlichen Befindlichkeiten der Beschaffer. Zudem ist es schwierig Daten zu beschaffen, ausreichend Personalressourcen müssen verfügbar sein (Claaßen 2012). Eine Anmerkung von einer Pastorin einer ländlichen Kirchengemeinde betont in der Umfrage „Beschaffung“, dass eine zentrale Beschaffung wegen Umfang und Logistik für Landgemeinden nicht sinnvoll sei. Außerdem habe die Unterstützung von Betrieben vor Ort in der Kirchengemeinde Vorrang.
Kritische Anmerkungen zur Praxis der Beschaffung in der Nordkirche insbesondere zur mangelnden Fachkompetenz in den Kirchenkreisen machen deutlich, dass die Umsetzung nicht nur über Rahmenverträge möglich sein wird. Um die kleinteilige, heterogene Beschaffung in den Kirchengemeinden und Kirchenkreisverwaltungen entsprechend strategisch auszurichten und in der breite Veränderungen herbeizuführen, ist es nötig das ökologische Beschaffungswesen in der Nordkirche zu institutionalisieren. Denkbar wäre eine zentrale Beratungsstelle, wie von der Synode der Nordelbischen Kirche angeregt wurde (Synodenempfehlung).
… Gemäß den generellen Empfehlung der Initiative Zukunft Einkaufen zur Einführung von Management Systemen auf Ebene der Kirchengemeinden sollten in der Nordkirche Verantwortlichkeiten für die Beschaffung geklärt werden. Im Verlauf sollten Beschaffungsleitlinien für die gesamte Nordkirche verabschiedet werden, sowie eine allgemeingültige Beschaffungsordnung festgesetzt werden, in der alle wichtigen Vorgänge zur Steuerung der Beschaffung festgelegt werden.
8.10 Best-Practice … 8.10.2 Lebensmittelbeschaffung
Im Bereich der Lebensmittelbeschaffung und –verwendung ist als vorbildliche Institution das Kieler Kita-Werk Pädiko (Verein für pädagogische Initiativen und Kommunikation e.V.) zu nennen. In allen Einrichtungen dieses Trägers wird ausschließlich „vollwertig vegetarisch mit Produkten aus biologischem Anbau“ gekocht. Zudem ist der Verein mit dem Bio-Siegel und nach der EG-Öko-Verordnung zertifiziert, d.h. alle Zutaten stammen aus kontrolliert biologischem Anbau (siehe Pädiko, 2012). Dieses Beispiel kann als Vorbild für kirchliche Kinderbetreuungs- und Bildungseinrichtungen dienen.
- 3. ERNÄHRUNG
Nur vegetarische Verpflegung? Kein Problem! Mit einem Paket an Maßnahmen hat der Ev.-Luth. Kirchenkreis Hamburg-Ost beschlossen, dass die Kitas in eigener Trägerschaft bis 2025 Treibhausgasneutral werden sollen. Nach einer Analyse der Klimabilanz der 83 Kitas machte der Bereich Ernährung rund 34 Prozent der Emissionen aus. Um diese zu minimieren, wurde die Ernährung auf eine ovo-laktische vegetarische Verpflegung mit einem möglichst hohen Anteil an regionalen, saisonalen und biozertifizierten Lebensmitteln umgestellt. Das Ziel ist es zudem, die Kitas als „öko-faire Einrichtungen“ zu zertifizieren. Die Veränderungen stellen in der Übergangsphase für die Mitarbeitenden besondere Herausforderungen dar. Der Kirchenkreis Hamburg-Ost ist entschlossen, diese anzugehen und einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz und damit auch für eine nachhaltige, gerechte und lebenswerte Zukunft zu leisten.
Unsere politische Anregung: DGE-Standard für Kantinen in öffentlicher Hand
Die öffentliche Hand sollte bei der Gemeinschaftsverpflegung den Qualitätsstandard der
Deutschen Gesellschaft für Ernährung umsetzen. Der DGE-Qualitätsstandard unterstützt die
Verpflegungsverantwortlichen dabei, im Betrieb ein gesundheitsförderndes und nachhaltiges
Verpflegungsangebot zu gestalten. Danach sind aus Sicht der Gesundheitsförderung und für eine nachhaltige Ernährungsweise pflanzliche Produkte wie Gemüse inklusive Hülsenfrüchte, Salat, Vollkorngetreideprodukte sowie Obst besonders empfehlenswert. Für Lebensmittel und -gruppen wie Fleisch, stark verarbeitete und frittierte Produkte wird eine Maximalhäufigkeit angegeben. Für sie ist wissenschaftlich belegt, dass eine Begrenzung sinnvoll ist. Nachhaltige Verpflegung in Betrieben ist besonders wichtig, wenn man bedenkt, dass es in Deutschland in Betrieben mit mehr als 100 Mitarbeiter:innen ca. 13.800 Betriebsgastronomien mit 1,6 Mrd. Essen pro Jahr gibt. Die Umstellung des Speiseplans auf überwiegend pflanzliche Lebensmittel könnte einen großen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Allein die Betriebsgastronomie in öffentlicher Hand könnte enorme Wirkung haben, wenn sie den Empfehlungen der DGE folgt.
Fakten zum Klimaschutz und den Aktivitäten in der Nordkirche – Okt. 2024
II. Bisher erreichte Ziele für den Klimaschutz in der Nordkirche … Handlungsfeld Beschaffung
Etwa ein Zehntel der Kirchengemeinden befassen sich im Rahmen der Initiative ÖkoFaire Gemeinde mit dem Handlungsfeld Beschaffung. Im Zuge der Kooperation von Landeskirche und Kirchenkreisen wurde ein nordkirchenweites Beratungsnetzwerk aufgebaut. Auch für kirchliche Einrichtungen ist inzwischen ein Zertifizierungsprogramm zur „Ökofairen Einrichtung“ etabliert und 23 Standorte der Kirchenkreise und Landeskirche beteiligen sich bereits daran.
Kitas und Kirchengemeindeverbände unterstützen die Umstellung auf fleischarme Verpflegung. In den Kirchenkreisen Hamburg-Ost und Altholstein wurden dazu Rahmenverträge mit geprüften Caterern abgeschlossen.
3 Präsenz des Themas Tierschutz in der Nordkirche und Zuständigkeiten
3.1 Gibt es in der Nordkirche einen Tierschutzbeauftragten oder eine andere Person/Stelle mit vergleichbaren Aufgaben, welche Kompetenzen hat diese*r ggf. und gibt es eine eigene Webseiten-Rubrik zum Thema Tierschutz?
Nach unseren Erkenntnissen gibt es keine*n Tierschutzbeauftragte*n für die Nordkirche. Das Thema der »Nutztierhaltung« wird primär aus ökologischer Sicht und innerhalb dieser entsprechenden Ressorts behandelt.
Anzumerken ist, dass die einflussreiche Position der »Beauftragten der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für Schöpfungsverantwortung« durch die Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt der Nordkirche besetzt ist. Die EKD möchte damit ein Zeichen setzen, dass die Agrar-, Klima- und Umweltthemen stärker als bisher zusammengedacht und als theologische Themen sichtbar werden sollen. Da auch die derzeitige Ratspräsidentin der EKD, Kirsten Fehr, durch die Nordkirche gestellt wird, wird der besondere Einfluss der Nordkirche deutlich.
Eine eigene Webseiten-Rubrik zum Thema Tierschutz wird auf der Webseite https://www.nordkirche.de/ nicht geführt. Auf der Webseite finden sich mittels Suchfunktion nur einige ungeordnete – meist viele Jahre zurückliegende – Artikel zum Thema Tierschutz und keine strukturell geordnete Behandlung des Themas.
Über die Suchfunktion wird immerhin auf den unabhängigen Verein AKUT – Aktion Kirche und Tiere e. V. verwiesen und auf eine Ansprechpartnerin für Hamburg, ohne weitere Informationen.
Zudem findet sich über die Suchfunktion zum Thema Tierschutz eine Pressemeldung aus 2017, die auf das bereits oben erwähnte Diskussionspapier »Zwischen Landwirtschaft und Industrie – Diskussionshilfe zur Tierhaltung am Beispiel der Situation in Mecklenburg-Vorpommern« verweist.
Die Nordkirche betreibt allerdings einige Webseiten bzw. Rubriken zum Thema Klimaschutz und Beschaffung. Diese sind auch aus Tierschutz-Perspektive interessant, da dort oftmals thematisch Positionen zur Reduktion von Tierprodukten oder Beschaffungsstandards von Lebensmitteln dargestellt werden.
- Beschaffungsportal in der Nordkirche
- Themenseiten Klimaschutz: Hintergrund und Initiativen
- nordkirche-klimaportal.de – Klimaschutz in der Nordkirche
- Ökumenisches Netzwerk Klimagerechtigkeit
3.2 Gibt es eigene Beteiligungsprogramme oder Vorzeigeprojekte der Nordkirche zum Thema Tierschutz (insbesondere der sogenannten Nutztierhaltung), der Reduktion von Tierprodukten, der Förderung von vegetarischen bzw. veganen Alternativen und/oder beteiligt sich die Nordkirche an entsprechenden Programmen anderer Institutionen?
»ÖkoFaire Gemeinde« und »ÖkoFaire Einrichtung«
Wie bereits dargestellt, betreibt die Nordkirche das Projekt bzw. vergibt die Auszeichnung »Ökofaire Gemeinde/Ökofaire Einrichtung« und beschreibt dies selbst als »ein niedrigschwelliges Angebot für Gemeinden, ihr Einkaufsverhalten neu aufzustellen und so Treibhausgase einzusparen«.
Zwar halten wir den Ansatz einer Auszeichnung für eine ökofaire Beschaffung für überaus richtungsweisend, jedoch nicht, wenn diese quasi mit keinen verpflichtenden Tierschutzstandards verbunden ist, ja sogar durch den Titel der Auszeichnung ggf. missverständlich suggeriert wird, ausgezeichnete Gemeinden würden einer ökologischen Beschaffung auch hinsichtlich Tierprodukten/Lebensmitteln unterliegen. Die Auszeichnung sieht leider kein verpflichtendes Kriterium für Lebensmittelstandards vor. Dies stellt lediglich ein mögliches Auswahlkriterium aus einer Vielzahl von leicht zu erreichenden Optionen dar, von denen am Ende nur wenige erfüllt werden müssen, um eine entsprechende Auszeichnung als »ÖkoFaire Gemeinde« bzw. »ÖkoFaire Einrichtung« zu erlangen.
Dies ist umso erstaunlicher, als die im November 2021 erlassene Beschaffungsverwaltungsvorschrift (siehe oben) der Nordkirche die Lebensmittelbeschaffung nach Bio-Zertifikaten bzw. bei Fisch MSC vorsieht, wenn auch nicht verpflichtend für eigenständige Kirchengemeinden und Einrichtungen. Eine Auszeichnung als »ÖkoFaire Gemeinde« bzw. »ÖkoFaire Einrichtung« sollte sich doch daran messen lassen bzw. läuft Gefahr, missverständlich bzw. wettbewerbsrechtlich bedenklich zu sein.
Wie bereits erwähnt, sind gemäß den Angaben der Nordkirche (Web-Artikel-Abruf 23.11.2024) 40 Gemeinden der Nordkirche auf dem Weg zu einer »Ökofairen Gemeinde« und 15 sind bereits zertifiziert. Wohlgemerkt von ca. 920 Kirchengemeinden des seit 2017 bestehenden Programms. Hinzu kommen 15 Einrichtungen, von denen sieben bereits ausgezeichnet sind. Als Ziel sollen bis 2027 250 weitere Gemeinden und 25 % der Einrichtungen teilnehmen.
Mit dem Kirchenshop.de bzw. der HKD Handelsgesellschaft für Kirche und Diakonie mbH pflegt die Nordkirche eine Kooperation, in deren Rahmen ausgewählte Produkte mit einem Signet der Nordkirche versehen sind, die die Beschaffungsvorgaben der Nordkirche erfüllen.
3.3 Landeskirche in Zahlen: Über welche Anzahl von Mitgliedern, Kirchengemeinden, Pastor*innen, Kitas, Schulen, Seniorenheimen etc. verfügt die Nordkirche (ungefähre Angaben)?
- Basierend auf den »Daten und Fakten zur Nordkirche« aus 2022 und dem Dokument »Die Nordkirche in Statistiken und Zahlen« gilt:
- 1,8 Mio. Mitglieder
- 920 Kirchengemeinden in 13 Kirchenkreisen in drei Sprengeln
- 1.876 Kirchen und Kapellen
- 1.506 Pastoren und Pastorinnen
- 21.349 haupt- und nebenberuflich Beschäftigte, einschließlich der Pastorinnen und Pastoren
- 871 Ev. Kindertagesstätten mit 65.000 Kitakindern
- 48 Ev. Schulen
- ??? Pflege- und Seniorenheime (hier fehlen uns noch verifizierte Daten)
Geografisch erstreckt sich das Einzugsgebiet der Nordkirche über Schleswig und Holstein, Hamburg und Lübeck, Mecklenburg und Pommern.
4 Landverpachtung
4.1 Verfügt die Nordkirche über einen Musterpachtvertrag bzw. klare Regelungen für die Verpachtung von Kirchenland an die Landwirtschaft und was ist darin konkret zum Tierschutz und/oder zur Biodiversität geregelt? Wie verbindlich sind diese ggf.?
Die Nordkirche steht durch ihre geografische Lage und die damit verbundene massive Landwirtschaft und Tierhaltung in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern (MV) sowie auch durch ihre eigene Landverpachtung in einem besonderen Spannungsfeld unterschiedlicher Interessengruppen aus der Bevölkerung und der Wirtschaft. MV steht dabei gleichermaßen für den Ausbau der Massentierhaltung sowie für den bürgerlichen Protest.
Die »Grundvermögensverwaltungsvorschrift (GrVermVwV) 5.401-501 vom 18. Juli 2019«, einschl. Musterpachtvertrag sowie Hinweise und Empfehlungen zum Mustervertrag der Nordkirche sehen keine besonderen Regelungen zum Tierschutz vor. Lediglich Klärschlämme, Gärprodukte und Gentechnik gelten als Ausschlusskriterien.
Der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt (KDA) der Nordkirche betreibt das »Infoportal Kirchenland« und kritisiert öffentlich ein unzureichendes Vorgehen der Nordkirche bei der Vorgabe zur Verpachtung, da diese deutlich hinter den eigenen formulierten Ansprüchen zurückbleibt, siehe dazu: »Unzulängliche Vorgaben beim Kirchenland – Kritik an der Kirche wächst«
Der KDA ist hinsichtlich Tierschutz progressiv ausgerichtet, so unterstützt er die Forderungen der »AGRAR Koordination für Hamburg und Schleswig-Holstein«, dass ab 2025 alle tierlichen Lebensmittel, die in öffentlich finanzierten Einrichtungen eingesetzt werden, aus ökologischer Tierhaltung kommen und generell ab 2030 100 % Bio-Lebensmittel verwandt werden müssen. Ebenso sollte der Kauf von ausschließlich zertifiziert nachhaltigem Fisch als Standard etabliert werden. Der KDA kritisiert darüber hinaus auf seiner Website die EKD und die Nordkirche für unzureichende Vorgaben bzw. fehlende einheitliche Regeln für Gemeinden im Umgang mit Landverpachtung und Beschaffung.