»Tierschutz-Kirchen-Label.de«
Mit unserem Tierschutz-Kirchen-Label wollen wir transparent aufzeigen, wie sich einzelne Gemeinden und Einrichtungen zum Tierschutz positionieren. Wir hoffen dazu beizutragen, diese zu möglichst weitreichenden Schritten bewegen zu können.
Die evangelische und die katholische Kirche werden im Zuge der aktuellen Entwicklungen von Tierhaltungs-Labels im Lebensmitteleinzelhandel und entsprechender Entwicklungen auf politischer Ebene sowie auch aufgrund von Klimaschutzanforderungen nicht umhinkommen, sich zeitnah zu den gestiegenen Tierschutzanforderungen und zur Reduktion des Fleischkonsums zu positionieren und zwar:
- wie sie mit den Herausforderungen innerhalb ihrer eigenen Institutionen umgehen,
- ob und welche Richtlinien sie sich zur Umsetzung aufstellen,
- und wie sie sich in ihrer Öffentlichkeitsarbeit gesellschaftlich positionieren.
»Der notwendige Veränderungsprozess der beiden Amtskirchen ist für den Tierschutz Chance und Risiko zugleich.«
Carsten Halmanseder | Will-Kirche-Tierschutz.de
- Das Risiko: dass die Amtskirchen durch Allianzen und Fürsprache maßgeblich dazu beitragen, Greenwashing-Labels auf niedrigstem Niveau als vermeintlich angemessenen Tierschutz zu etablieren.
- Die Chance: mit einer starken Kampagne von außen auf den Veränderungsprozess bestmöglich Einfluss zu nehmen.
Die beiden Amtskirchen haben dabei zugegebenerweise einen Spagat zu leisten. Zum einen ist die Massentierhaltung vielfach auf dem Grund und Boden der Kirche entstanden und die Kirchen gehören auch heute noch zu den größten Landverpächter*innen für die Landwirtschaft in Deutschland. Entsprechend groß ist der Einfluss der Agrarlobby in den Kirchen. In nahezu allen Gemeinden und Einrichtungen werden Produkte aus der konventionellen Massentierhaltung serviert.
Andererseits haben beide Amtskirchen sich mittlerweile dazu bekannt, dass es bereits aus Klimaschutzgründen, aufgrund der globalen Gerechtigkeit und aus gesundheitlichen Aspekten sowie aus Tierschutzgründen zwingend einer Änderung in der Tierhaltung und bezüglich des hohen Fleischkonsums bedarf. In unserem Artikel »Will Kirche Tierschutz? Evangelische und katholische Kirche zwischen Anspruch und Wirklichkeit in der Massentierhaltung und im Tierschutz« gehen wir ausführlich auf die Hintergründe ein.
»Tierschutz-Kirchen-Label.de« im Detail
Das Label haben wir in vier Kategorien gestaltet,
um eine möglichst einfache
und zugleich aussagefähige Einordnung vornehmen zu können.
Label:
Konventionelle Massentierhaltung
Kirchliche Gemeinden oder Einrichtungen, die Tierprodukte aus konventioneller Massentierhaltung beziehen, z. B. Haltungsstufen 1 bis 3 des Lebensmitteleinzelhandels.
Massentierhaltung gehört nicht in die Kirche!
Wir verstehen dieses Label als Rote Karte und als Ausdruck eines absolut unverantwortlichen Handelns entsprechender kirchlicher Gemeinden und Einrichtungen sowie ihrer Verantwortlichen. Umso wichtiger ist es, ein entsprechendes Verhalten zeitgenössisch öffentlich zu machen, um den Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei den Kirchen und den ggf. fehlenden Willen bei der Um- und Durchsetzung zu dokumentieren.
In kirchlichen Gemeinden und Einrichtungen sollten keine Produkte aus der Massentierhaltung angeboten werden.
Label:
Bio Massentierhaltung
Kirchliche Gemeinden oder Einrichtungen, die für Tierprodukte als Mindeststandard Bio oder höhere Haltungsstandards verwenden.
Wir halten es für sehr wichtig, zwischen Gemeinden und Einrichtungen, die gar keine Bemühungen unternehmen, und Gemeinden und Einrichtungen, die sich zumindest für eine Bio-Beschaffung von Tierprodukten als Mindeststandard entscheiden, deutlich zu differenzieren, auch wenn dies nicht unseren Grundsatzanforderungen an den Tierschutz entspricht.
Eine gesunde, zeitgemäße, umwelt- und klimaschonende sowie tierfreundliche Ernährung ist nach unserer Auffassung rein pflanzlich. Wir haben jedoch auch Verständnis dafür, dass dies für viele noch eine große Barriere darstellt und alle ihren eigenen Weg finden müssen.
Schlachten ist jedoch generell kein Tierschutz, auch nicht mit einem Bio-Label. Die verschiedenen bestehenden Bio-Labels bieten den Tieren selten nennenswerte Verbesserungen und suggerieren stattdessen häufig eine Bauernhof-Idylle, die einem Greenwashing gleichkommt. Dies sollte immer offen und ehrlich kommuniziert werden, auch von der Kirche.
Beispielsweise liegen die Haltungsstandards des einfachen EU-Bio-Labels bei einzelnen Bestimmungen teilweise noch unterhalb der Haltungsstufe 4 des Lebensmitteleinzelhandels, die zwar Bio-Labels beinhaltet, jedoch nicht zwingend Bio vorschreibt.
Je aufwendiger und höher die gesellschaftlichen Ansprüche an die Haltungsbedingungen von Tieren werden, desto teurer, weniger verfügbar und sozial schwieriger wird der Konsum tierlicher Produkte, sodass dieser sukzessive zurückgeht (Balluch-Kurve sowie Prinzip der Preiselastizität). Bio als Mindeststandard kann also dazu beitragen, den Konsum von tierlichen Produkten insgesamt zu senken.
Zudem hat Bio vor allem unter Umweltschutzaspekten wie der Biodiversität eine enorme Bedeutung, auch für den Tierschutz in der Landwirtschaft und bei der Bewirtschaftung von Ackerflächen und Grünland.
Label:
Vegetarisch
Kirchliche Gemeinden oder Einrichtungen, die zumindest ausschließlich vegetarische Tierprodukte verwenden und über ein konsequentes veganes Angebot verfügen.
Wir betrachten es als einen deutlichen und wichtigen Schritt, wenn kirchliche Gemeinden und Einrichtungen zumindest ausschließlich vegetarische Tierprodukte verwenden und über ein konsequentes veganes Angebot verfügen. Wir streben selbstverständlich an, dass sie möglichst zu einem rein veganen Angebot übergehen. Gleichwohl wissen wir, welchem Druck gerade Leitungspersonal in Kitas, Schulen, Pflegeeinrichtungen und auch Kirchengemeinden dahingehend ausgesetzt ist, Tierprodukte anzubieten.
Umso mehr erkennen wir es an, dass es bereits eine Vielzahl von kirchlichen vegetarischen Einrichtungen gibt, z. B. Kitas und Schulen etc., aber auch einzelne Gemeinden. Ebenso, dass mit dem Evangelischen und dem Katholischen Kirchentag ein Zeichen in diese Richtung gesetzt wird, wie auch mit vielen anderen positiven Beispielen, die wir in Zukunft in verschiedenen Artikeln immer wieder aufzeigen werden.
Unsere grundsätzliche Kritik an einem Stehenbleiben bei einer vegetarischen Ernährung möchten wir jedoch auch hier mit Nachdruck formulieren:
Gerade Hühner für die »Eierproduktion« sowie beispielsweise Kühe für die »Milchproduktion« erfahren ein besonders langes Leiden und können nur als Qualzüchtungen bezeichnet werden, an deren Lebensende die Schlachtung steht. Ihre männlichen Artgenossen sind leider oft der »Abfall« dieser Industrie, was immer noch zigfach zum Kükentöten und der »Entsorgung« von Millionen Kälbern führt. Die ehemalige Herodesprämie für Kälber (Sondervergütung für frühzeitiges Schlachten von bis zu 20 Tage alten Kälbern nach EU-Verordnung, damit diese nicht auf den EU-Fleischmarkt gelangten und stattdessen meist zu Tiermehl verarbeitet wurden) ist auch im kirchlichen Sinne besonders bezeichnend.
Label:
Vegan
Kirchliche Gemeinden oder Einrichtungen, die ein rein pflanzliches Angebot im Sinne einer gesunden Ernährung, der globalen Gerechtigkeit, des Klima- und Umweltschutzes sowie des Tierschutzes aufweisen.
»Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will.«
Albert Schweitzer
Ob oder welche Tiere – Hunde, Katzen, Schweine oder Rinder etc. – gegessen werden, ist für viele eine theologische Frage.
Für unsere Initiative »Will-Kirche-Tierschutz.de« ist es keine theologische Frage, ob Tiere zu Produkten verwertet werden dürfen oder nicht. Es sollte eine universell zeitgemäße Einsicht darüber bestehen, dass dies zumindest in unseren Breitengraden nicht notwendig ist.
Es ist vielmehr Teil von kulturell sehr unterschiedlichen Gewohnheiten, welche heute bei annähernd acht Milliarden Menschen zu extremen Problemen für die Menschheit und für nichtmenschliche Tiere führen sowie gravierende Folgen für Umwelt und Klima hat. Dies sollte ausreichend sein, um sich für eine rein pflanzliche Ernährung auszusprechen.
Je günstiger, besser und verfügbarer vegane Alternativen werden, umso leichter wird es Menschen fallen, diese auszuprobieren. Hier sind die evangelische und die katholische Kirche gefordert, ein Zeichen im Sinne des Klima- und Umweltschutzes und einer gesunden, rein pflanzlichen Ernährung und vor allem für den Tierschutz zu setzen.
Auch hier gibt es bereits einige Vorzeigeprojekte, die wir in Zukunft in verschiedenen Artikeln immer wieder aufzeigen werden.
Diese kirchlichen Institutionen werden von uns gelabelt
Zu Beginn des Jahres 2024 haben wir damit begonnen, die Evangelische Kirche in Deutschland und die Deutsche Bischofskonferenz sowie die entsprechenden 20 Landeskirchen und 27 Bistümer um Auskünfte zu ihren Beschaffungskriterien für »Tierprodukte« zu bitten. Wir werden die Ergebnisse aus den Antworten und unseren Recherchen sukzessive ab März 2024 veröffentlichen. Ebenso planen wir dies für die großen Werke der Kirchen, wie Diakonie und Caritas, einschließlich ihrer Landesverbände.
Darüber hinaus möchten wir 2024 mit deiner Hilfe auch möglichst viele lokale Gemeinden und Einrichtungen mit unseren Tierschutz-Kirchen-Labels bewerten und in ihrem Verhalten voranbringen.
Wie du mit dazu beitragen kannst, erfährst du unter »Mitmachen«. Wir freuen uns auf deine Unterstützung.